Kommen wir zu Teil 2 des kostenlosen Tutorials: Taschenhenkel aus Kunstleder selber machen
Flache Taschenträger aus Kunstleder verleihen deiner Tasche ein noch professionelleres Aussehen, sind in der „Herstellung“ aber auch zeitaufwändiger und verbrauchen einiges an Material, aber die Kunstlederträger machen natürlich viel mehr her als Gurtband.
Hier zeige ich euch verschiedene Möglichkeiten, wie ihr flache Träger aus Kunstleder selber machen könnt, egal ob als Träger für einen Rucksack oder eine Tasche. Diese Varianten sind teilweise übrigens auch für Kork, Lederpapier oder echtes Leder geeignet. (Bei den mit einem * gekennzeichneten Links in diesem Beitrag handelt es sich um Werbelinks. Das bedeutet, dass ich eine kleine Provision bekomme, wenn du diese Links nutzt. Es entstehen keinerlei Kosten oder Nachteile für dich daraus.)
Taschenhenkel aus Kunstleder: 2 Varianten
Das Kunstleder sollte für beide Varianten am besten im Fadenlauf zugeschnitten werden (also parallel zur Webkante), denn in diese Richtung ist das Kunstleder am wenigsten dehnbar, das verhindert ein Reißen der Nähte. Ist dein Kunstleder so gut wie gar nicht dehnbar, kannst du die Träger theoretisch auch parallel zur Schnittkante zuschneiden, da der Träger ja später auch noch mit Decovil I* (Variante 1) verstärkt wird oder bei der zweiten Variante 4-lagig liegt. Ich empfehle aber trotzdem den Zuschnitt im Fadenlauf.
Generell solltest du für Taschenträger kein zu dünnes Kunstleder wählen (siehe auch den Kunstleder-Guide), denn die Träger müssen ja schon einiges aushalten. Solltest du dennoch dünnes Kunstleder verwenden wollen, musst du dieses zuvor extra verstärken (z.B. mit Vlieseline H250).
Variante 1
ist für (so ziemlich) alle Nähmaschinen geeignet, denn es muss nur durch zwei Lagen Kunstleder und eine Lage Decovil I* genäht werden. Das sollte jede Nähmaschine, mit der du Taschen nähen willst, schaffen. Der Taschenträger wird bei dieser Variante später nicht zu dick sein, sodass er locker durch den Gurtschieber passt und du somit den Träger in der Länge verstellen kannst.
Diese Träger-Variante sollte später ein- oder festgenäht werden, da der Träger nur bedingt zum Nieten geeignet ist.
Variante 2
ist noch stabiler und sieht zudem noch professioneller aus. Der Träger von dieser Variante passt aber nur noch bedingt durch einen Gurtschieber, daher ist diese Variante eher für Träger geeignet, die nicht in der Länge verstellbar sein sollen (wie z.B. die Taschenhenkel bei einer Shoppingbag).
Diese Trägervariante kann zudem mit Nieten an einer Tasche befestigt werden und müssen nicht eingenäht oder festgenäht werden.
Variante 1: Längenverstellbare Taschenhenkel
Für einen 2,5cm breiten Träger benötigst du einen Streifen Kunstleder in 5cm Breite x deine gewünschte Länge (für Rucksackträger sind das z.B. zwei Streifen in 80-100cm Länge). Zudem benötigst du noch (je) einen Streifen Decovil I in 1,75cm x deine gewünschte Länge minus 10cm (für die Rucksackträger wären das also 70-90cm Länge).
Anhand dieser Zahlen kannst du diese Variante auch auf andere Maße anwenden. Für z.B. 3cm breite Träger benötigst du die Streifen in 6cm Breite und das Decovil I in 2,25cm Breite).
Und so geht’s
1. Markiere dir die Mitte auf der Rückseite des Streifens. Die Enden, die später nicht eingenäht sind und daher sichtbar sind, kannst du 1cm einschlagen und festnähen, dann hast du keine „offenen Kanten“ an dem Ende.
2. Schlage nun eine lange Seite zur Mitte hin ein, pinne diese fest und nähe die Kante knappkantig entlang. Bei Kunstleder sollte dafür eine größere Stichlänge gewählt werden, z.B. 3,5 oder mehr.
3. Danach faltest du die andere Seite zur Mitte, sodass die Kanten Stoß auf Stoß liegen, pinnst auch diese fest und steppst sie knappkantig ab.
4. Klappe die Mitte auf und lege einen Streifen Decovil I hinein, lass dabei am Anfang und Ende ca. 5cm frei. Das Decovil I muss in diesem Fall nicht festgebügelt werden, da dort gleich noch genäht wird.
5. Klappe die Seiten wieder zu und nähe die Mitte mit einem weiten, aber nicht zu engen Zick-Zack-Stich entlang. Achte darauf, dass die offenen Kanten genau auf Stoß liegen und keine Lücke zwischen ihnen zu sehen ist. Nähe an den langen Seiten anschließend nochmal mit einem Geradstich mit 0,75cm NZ entlang.
Und das wär’s eigentlich schon 🙂 Diese Träger kannst du nun ganz einfach weiterverarbeiten, z.B. als Rucksackträger wie bei VARO (ohne Polster solltest du dafür aber die 3cm breite Variante wählen). Die Träger lassen sich ganz einfach einnähen, da sie nicht so dick sind. Außerdem liegen sie angenehm in der Hand oder auf den Schultern. Durch die Mittelnaht ist dieser Träger nicht zum mittig nieten geeignet. Möchtest du ihn dennoch an einer Tasche festnieten, musst du 2 Nieten nebeneinander setzen, z.B. zwischen der äußeren und der inneren geraden Naht.
Variante 2: Träger aus Kunstleder (nicht längenverstellbar)
Bei dieser Variante benötigst du etwas mehr Kunstleder, denn es wird doppelt eingeschlagen. Um einen 2,5cm breiten Träger zu nähen benötigst du einen 10cm breiten Streifen x deine gewünschte Länge. Für einen 3cm breiten Träger benötigst du einen 12cm breiten Streifen.
Für diese Träger-Variante solltest du maximal mitteldickes Kunstleder verwenden (siehe Kunstleder-Guide).
Möchtest du später keine offenen Kanten an den kurzen Enden haben, werden diese jeweils ca. 1cm eingeschlagen und festgenäht. Die Enden müssen dann später aber genietet werden, da sie zum festnähen evtl. zu dick sind. Möchtest du diese Träger an Vierkantringen/ D-Ringen befestigen, musst du sie an den kurzen Enden nicht einschlagen, da sie später ja um den Ring eingeschlagen werden (siehe weiter unten).
Und so geht’s:
1. Markiere dir die horizontale Mitte auf der Rückseite des Streifens. (Schlage jetzt ggf. die kurzen Enden je 1cm ein und nähe sie fest.)
2. Schlage nun die langen Seiten zur Mitte hin ein, pinne diese fest und nähe an den langen Kanten füßchenbreit entlang. Bei Kunstleder sollte dafür wieder eine größere Stichlänge gewählt werden, z.B. 3,5 oder mehr.
3. Falte die langen Seiten aufeinander, pinne sie zusammen und nähe sie knappkantig zusammen (an den langen Seiten entlang).
4. Anschließend steppst du auch die andere lange Seite knappkantig ab.
5. Und zum Schluss nähst du die Seite, die zuvor noch nicht füßchenbreit abgenäht wurde, füßchenbreit zusammen. Dies dient zusätzlich der Stabilität, aber auch einer optischen Gleichmäßigkeit. Wenn du möchtest, kannst du zwischen der äußeren Naht und der inneren Naht noch eine weitere Naht nähen.
Und schon ist auch diese Träger-Variante fertig. Je nachdem, welches Kunstleder du gewählt hast, kann dieser Träger sehr nach einem Echtleder-Riemen aussehen und wirkt damit direkt noch professioneller.
Hast du die Enden „offen“ gelassen, kannst du diesen Henkel jetzt gut an einem Vierkantring befestigen. Diesen Vierkantring befestigst du anschließend (oder bereits zuvor) an einer Halterung, die dann an der Tasche befestigt wird (oder bereits daran befestigt ist). Diese Methode hat den Vorteil, dass die Träger gerade nach unten fallen können, ohne die Tasche „mitzureißen“.
Hast du die Enden nicht „offen“ gelassen, sondern 1cm eingeschlagen und festgenäht, kannst du diesen Träger nun auch direkt an deiner Tasche mit Nieten befestigen (das kannst du theoretisch auch, wenn du die Enden nicht eingeschlagen hast, aber das sieht dann ggf. nicht so sauber aus). Dafür benötigst du einfach pro Riemen 4 Nieten* in passender Größe.
Als erstes musst du die Enden des Trägers lochen. Für eine genauere Position der Nieten, empfehle ich eine Schablone anzufertigen. Dafür einfach ein Stück Decovil I oder Pappe in 5cm x 2,5cm zuschneiden, markieren, wo die Nieten später sein sollen und dort lochen. Sind deine Löcher in unterschiedlichen Abständen zum Rand, markiere dir zusätzlich wo oben und unten ist.
Lege die Schablone gerade und bündig auf das Ende des Riemens und loche dann erneut durch die Löcher der Schablone.
Mithilfe der Schablone überträgst du nun die Löcher auch auf deine Tasche an deiner gewünschten Position. Loche dort mit der Lochzange* oder manchmal genügt auch schon ein Loch mit einer Ahle*.
Stecke die Nieten mit dem langen Nupsi von innen durch die Löcher. Die Länge der Nieten richtet sich nach der Dicke deines Riemens. Ich verwende hier zwei unterschiedliche Längen (8mm und 10mm), da mein Riemen an der unteren Kante dicker ist.
Auf die, durch den Stoff gesteckten Nieten, wird nun der Lederriemen gesteckt. Dank der Schablone passen die Löcher nun genau auf die Nieten.
Darauf steckst du die Nietenkappe – das Gegenstück der Niete. Du musst die Niete nun noch richtig befestigen. Bei manchen Nieten genügt es, ein paar Mal mit dem Hammer kräftig draufzuschlagen, aber lege dir eine feste Unterlage darunter (z.B. ein Brett). Es gibt auch sogenannte Nietensetzer, das sind Metallstifte, die über der Niete positioniert werden und erst dann mit dem Hammer eingeschlagen werden.
TIPP: Verwendest du oft Nieten, Druckknöpfe oder Ösen, empfiehlt sich die Anschaffung einer Handpresse. Hierfür gibt es die entsprechenden Aufsätze und die Nieten, Druckknöpfe und Ösen werden einfacher, sauberer und präziser befestigt.
Auf der anderen Seite der Tasche befestigst du nun noch den zweiten Träger und fertig ist deine Tasche mit selbstgemachten Trägern aus Kunstleder, hier am Beispiel der VARO Shoppingbag.
Damit wären wir auch schon am Ende dieses Tutorials. Ich hoffe, es hat euch gefallen 🙂 Weitere kostenlose Tutorials findest du hier.
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Hallo, Variante 1 hab ich auch schon ausprobiert. Bei mir wurde der Zickzackstich in der Mitte aber ganz unregelmäßig – mal ichter, mal weiter auseinander. An was kann das liegen? Am Spulenfaden? Auf jedem anderen Stoff war der Zickzackstich exakt.
Hallo Inge,
das klingt für mich, als wenn der Stoff nicht gleichmäßig transportiert wird. Verwendet man Kunstleder oder andere „klebrigen“ Materialien, sollte am besten ein Teflon- oder Rollenfuß verwendet werden. Auch der Obertransport ist nützlich.
Viele Grüße,
Lisa von Hansedelli
Sehr gute Anleitung